Freileitungsisolatoren
 

Über Freileitungs-Isolatoren aus Hermsdorf

Autor: Wolfgang Böhme

 

1. Zur Historie


Der Siegeszug der Starkstromtechnik begann 1866 mit Erfindung der Dynamomaschine von Werner von Siemens. Nach 1880 wurden damit zuerst Beleuchtungen mit der von 1879 von T. A. Edison verbesserten Kohlefadenlampe in Städten mit lokalen Gleichspannungsnetzen betrieben. Danach nahm die Anwendung der Elektroenergie für Antriebe und Thermoprozesse in Industrie und nach anfänglichen Zweifeln auch in der Hauswirtschaft expotentiell zu, besonders nach Erfindung des Drehstromsystems 1887 durch Nicola Tesla.

Lokal entstanden kleinere Kraftwerke, die mit Verteilungsleitungen bis 400 Volt Gleichspannung ihre Umgebung versorgten. Als Isolatoren für die Freileitungen wurden meist die 1862 von v. Chauvin eingeführten und noch heute bewährten Telegrafie-Isolatoren "Doppel-Glocke" eingebaut neben zuerst vielen Varianten kleiner Geschirr-Porzellanfabriken (Bild 01-1). Der stark steigende Leistungsbedarf und Netzerweiterungen sowie maximale Leiterquerschnitte der Freileitungen und Kabel setzten dieser Technik jedoch bald Grenzen.
Die Lösung des Problems bestand in der Anwendung höherer Spannungen für Verteilung und Übertragung. Versuche mit hoher Gleichspannung erwiesen sich schnell als ungeeignet und wirtschaftlich nicht durchsetzbar. Erst der Übergang zur Wechselspannungstechnik und 1882 Erfindung des Transformators mit geschlossenem Eisenkern (T.Blathy/Zypernowsky/Deri) schuf die Voraussetzung, wirtschaftlich Hochspannungen über 1000 Volt zu erzeugen, z.B. erstes Wechselstrom-Kraftwerk Deutschlands 1890 in Bad Reichenhall.
Es folgten Hochspannungsleitungen bis 3.000 Volt mit Isolatoren meist Niederspannungs- "Doppel-Glocken" oder pantografisch vergrößerte, teilweise auch "Ölrinnen-Isolatoren" (Bild 01 u. 02). Man hatte noch nicht erkannt, dass für Hochspannungs-Isolatoren Trocken- und Regen-Überschlagspannung Größe und Gestaltung bestimmen, nicht aber die für Telegrafie- und Telefonie- Isolatoren durch eine Ölrinne gedachte Unterbrechung des Oberflächenstromes.

Bild 01: erste Stützen-Isolatoren
 
1891 setzte Oskar v. Miller mit der in Europa ersten Drehstromleitung von Lauffen/Neckar nach Frankfurt/M über 170 km mit 15.000 V und 150 kW einen Meilenstein in der Übertragung von Elektroenergie über weite Entfernung. Die auch für diese Leitung ausgewählten "Ölrinnen-Isolatoren" lieferte die Porzellanfabrik Schomburg & Söhne in Großdubrau /Bautzen "Margarethenhütte" (Bild 01-3). Der zweiteilige Isolator war ein Sprung in Größe und Technologie. Wegen Verschmutzung und etwa quartalsweiser neuer Ölfüllungen wurden sie nach wenigen Jahren durch andere Typen ersetzt und auch international Ölrinnen-Isolatoren nicht mehr verwendet.

Die Betriebsleitung der Porzellanfabrik Hermsdorf- Klosterlausnitz S.A. als Filiale der Porzellanfabrik Kahla, 1890 in Betrieb gegangen, erkannte die Bedeutung der Elektrifizierung, begann 1892 parallel die Produktion von Niederspannungs-Isolatoren mit Auslauf 1910 und produzierte schon um 1894 einen ersten "Drei-Mantel"-Isolator für Hochspannungsleitungen bis 15.000 V (Mantel=Schirm). Es folgte 1894 der verlängerte Typ für die 7.500 V-Leitung am Nord-Ostsee-Kanal (Bild 01-4).

Der Anstieg der Übertragungsspannungen, z.B. 1895 erste 10 kV-Anlagen in der Schweiz, forderte neue Isolatoren mit erforderlichen Trocken-/Regen-Überschlagspannungen und mechanischer Festigkeit. Hermsdorf folgte weitsichtig dieser Forderung und gestaltete 1897 gemeinsam mit Prof. R. M. Friese (Elektrizitäts-AG, vorm. Schuckert und Co. Nürnberg) nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten den neuen und in großen Stückzahlen produzierten Stützen-Isolator "Delta" (Bild 02) als prägender Fortschritt und internationales Vorbild für Hochspannungs-Isolatoren bis maximal 75 kV.

Bild 02: Delta-Isolatoren
 
Für höhere Spannungen waren diese Stützen-Isolatoren nach dem Stütz-Prinzip aber technisch/ wirtschaftlich nicht herstellbar und zu montieren. Ein späterer Delta-Isolator von Hescho für 57 kV wog 27 kg bei 490 mm Höhe.
Nach 1900 entwickelten daher die in USA führenden Porzellanfabriken parallel zum Stütz-Prinzip das Hänge-Prinzip, mit Isolatoren als Einzelglieder für Ketten, deren Zahl an die jeweilige Isolationsebene angepasst werden kann. Um 1906 erschien der erste Hänge-Isolator (Ketten-Isolator) als Schlingen-Isolator (Hewlett), 1907 erstmals in die 110 kV-Leitung Grand Rapids - Murkegon/USA eingebaut. Wegen der nachteiligen Schlingenverbindung folgte 1906 der Kappen-Isolator. Die 1909 von Arthur 0. Austin (USA) erfundene Pfanne-Klöppel-Verbindung für Kappen-Isolatoren verbesserte Anschlusstechnik und Montage von Ketten entscheidend.
Nach 1900 zunehmenden Ausfällen und Störungen an Stützen- und danach an Schlingen- und Kappen-Isolatoren forderten die Betreiber der Leitungen bessere Isolatoren. So begann auch Hermsdorf als inzwischen führender Hersteller umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu Formen und Werkstoffen der Isolierkörper, der Kitt- und Verbindungstechnik und besonders der Fertigungs- und Prüftechnologien. 1900 ging die erste Hochspannungs-Prüfanlage in Berliner Porzellanfabrik Schomburg & Söhne mit 100 kV und 1901 in Hermsdorf mit 100 kV in Betrieb.
Elektro-Porzellan setzte sich gegen Steatit (enges Sinterintervall) und die verbleibenden Glasanwendungen als bestgeeigneter Werkstoff durch. Anfänglich höhere Festigkeit von Steatit erreichte Hart-Porzellan (1350°C) mit keramisch/technologischen Fortschritten nach 1920. Als Armaturenwerkstoff bewährte sich Temperguss. Hermsdorf produzierte ab 1908 Kappen-Isolatoren und ab 1909 Schlingen-Isolatoren.

Mit dem in USA und Europa weiter steil zunehmenden Energiebedarf wuchsen Verteilernetze und Übertragungsleitungen und mit ihnen die Betriebsspannungen
(Bild 03).
Bild 03: Spannungsebenen
 
In den 60/110 kV-Leitungen in USA traten zunehmend elektrische Durchschläge von Schlingen- und Kappen-Isolatoren auf. Außerdem verlängerten die Metallteile in den Ketten (Verbindungsseil, Kopfarmatur, Klöppel) die Ketten ohne Isolationsgewinn und waren Ansatz für Lichtbögen. 1912, dadurch veranlasst, einen auf Zug beanspruchten Verbundstab-Isolator an Stelle der Ketten aus Schlingen- und Kappen-Isolatoren. Porzellanstäbe (zugfest, riss-, lunkerfrei) mit Längen bis 100 cm waren noch nicht herstellbar. Weitere ähnliche Konstruktionen folgten, in Deutschland von AEG 1917. Mängel beim Fügen der verschiedenen Werkstoffe und Längsdurchschläge begrenzten den Einsatz.

Mit verbesserten Porzellanwerkstoffen erschien um 1917 ein erster zugbeanspruchter durchschlagsicherer Doppel-Kappen-Isolator (mit Konus-Enden) als Ersatz für Schlingen- und Kappen-Isolatoren. Für einen "verlängerten Doppel-Kappen-Isolator" erhielt 1917 die "Motor AG für angewandte Elektrizität", Baden/Schweiz (Hoffmann, später Motor-Columbus AG) ein Patent. Nach technologischen Schwierigkeiten lieferte Hermsdorf 1920 erste Isolatoren an die Zentrale Gösgen der AG E.W. Olten-Aarburg/Schweiz für eine 30-kV-Anlage. Über verlängerte Zwischenformen entstand daraus bis Mitte der 1920er Jahre der eigentliche "Vollkern­Isolator", nach Firmennamen längere Zeit auch "Motor-Isolator" genannt. Mit steigendem Einsatz wählten die Energieunternehmen nach ihrer Ansicht "vollbruchsichere" Kappen-Isolatoren oder "durchschlagsichere" aber "vollbruchgefährdete" Vollkern-Isolatoren. Die bei Vollkern-Isolatoren befürchteten Kettenbrüche traten nicht ein, Schlingen- und Kappen-Isolatoren fielen weiter häufiger aus.

Um 1922 errichtete das Rheinisch Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) eine erste 220-kV-Übertragung als Versuchsstrecke zwischen Röns und Lethmate. 1929 ging die 220-kV-Leitung Brauweiler - Hoheneck mit Kappen­Isolatoren größerer Bauart und Festigkeit (K6, K7, von Hescho) in Betrieb und es folgten weitere. Die Nachteile der Metallarmaturen in den längeren Isolator-Ketten aus Kappen- oder Vollkern-Isolatoren traten erneut hervor.

Ende der 1920er Jahre entwickelte Hescho in Zusammenarbeit mit Brown Boverie & Cie. A.-G. mit zugfesteren Werkstoffen und texturfreier Vakuum-Strangpresstechnik "lange Vollkern-Isolatoren", den Langstab-Isolator, ab 1937 in Serie.
Für 110-kV-Leitungen war nur noch ein Isolierkörper mit Schirmen erforderlich, zwei in Reihe für 220 kV. Der "ideale" Hochspannungs-Isolator war geboren. Ende der 1930er Jahre stieg in Deutschland, Österreich und Schweiz der Einbau von Langstab-Isolatoren in 110- und 220-kV-Netzen gegenüber Vollkern- und Kappen-Isolatoren an mit fast ausschließlicher Verwendung nach 1945.
Für Mittelspannungsnetze bis -35 kV ersetzten nach 1924 durchschlag-sichere Freileitungs-Stützer die Stützen-Isolatoren, auch der verstärkten, und endete für Weitspannbauweise mit Ketten-Isolatoren 1960/70.
Der ersten 380-kV-Leitung 1952 in Schweden, Harsprängel – Halsberg folgten die Bundesrepublik 1957 mit Hoheneck - Rheinau, 337 km, und 1959 die DDR (Ostdeutschland). Deutsche Energie-Unternehmen entschieden sich für Langstab-Isolatoren auch für diese Spannung, z.T. mit speziell hohen Bruchlasten für Flusskreuzungen u.a..

In der zweiten Hälfte des 20 Jh. erweiterten sich die nationalen 380-kV-Netze und es gingen Leitungen mit 735 kV (Kanada 1965) und 1000 kV (USSR 1985) in Betrieb.
Langstab-Isolatoren aus Aluminium-Oxid-Porzellan oder Glasfaser-Elastomer-Elementen mit Silikon­-Schirmen gewährleisten heute hohe Festigkeitswerte und Betriebssicherheit. Auch moderne Kappen-Isolatoren (Keramik, getempertes Spezialglas) erfüllen hohe Sicherheitsstandards, aber bei bleibender Durchschlaggefährdung.

2. Zu Bauarten von Isolatoren


Freileitungs-Isolatoren werden in zwei Gruppen, darin in Bauarten unterteilt, und nach DIN EN 60383-1 zwei Klassen A und B zugeordnet. Die Gruppen der Bauarten kennzeichnen die Anordnung der Isolatoren am Mast oder an Traversen der Freileitung. Bei der ersten Gruppe mit dem älteren Stütz- oder Tragprinzip wird Leitungsdraht oder Seil am Kopf des stehend montierten Isolators befestigt, der Isolator "trägt" das Leiterseil und wird vorwiegend mechanisch auf Biegung beansprucht (Bild 04).
Bild 04: Basis-Bauarten von Stütz-Isolatoren
 
Bild 05: Basisbauarten von Ketten-Isolatoren
 
Die zweite Gruppe entstand als Hängeprinzip mit den Hänge-Isolatoren (heute Ketten-Isolatoren) vorwiegend für Betriebsspannungen >=60 kV. Der an der Masttraverse beweglich hängende Isolator oder die Kette trägt das Seil mittels Klemme an seiner/ihrer unteren Armatur und wird vorwiegend auf Zug beansprucht (Bild 05). Das geforderte Isolationsniveau bestimmt die Isolatorenanzahl in der Kette. Als Unterteilung der Gruppen sind im deutschen Bereich neun Bauarten üblich (international ähnlich), davon drei als Stütz- und sechs als Ketten-Isolatoren. Fahrleitungs-Isolatoren sind meist in Gruppe Langstab-Isolatoren aufgenommen, gelegentlich wird nach Isolierwerkstoff Keramik oder Glas unterteilt. Abhängig vom Verhältnis der Durchschlag- (D) zu Überschlagstrecke (Ü) eines Isolators ist er der Klasse A als nicht durchschlagbar oder Klasse B als durchschlagbar zuzuordnen.
In der historischen Reihe der Basistypen folgen den ersten durchschlagbaren Stützen-, Schlingen- und Kappen-Isolatoren später die nicht durchschlagbaren Vollkern-, Langstab-, und moderne Verbundstab-Isolatoren einschließlich der Freileitungs-Stützer (Bild 05). Umhüllende Elektroden sind typisch für durchschlagbare Kappen-Isolatoren und im weiten Sinn auch für Stützen- und Schlingen-Typen. Die Überschlagstrecken Ü in Luft erreichen ein Vielfaches der Durchschlagstrecken D im Isolierkörper. Die Durchschlagfestigkeit beträgt für Abschätzungen (inhomogenes Feld) für Elektro-Porzellan ~70 kV/cm und für Luft ~6 kV/cm. Kappen-Isolatoren mit ~2,5-3 cm Kopfwandstärke und ~25 cm Überschlagstrecke sind durchschlaggefährdet, besonders infolge steiler Überspannungswellen durch Blitzvorgänge.
Gegenüber stehende Elektroden der durchschlagsicheren Vollkern- und Langstab-Isolatoren sowie Freileitungs-Stützer ergeben annähernd gleiche Durchschlag- und Überschlagstrecke, so dass ein Überschlag, aber kein Durchschlag erfolgt.
Elektroporzellan-Versätze (Rohstoffmischungen) für Stützen- und Kappen­Isolatoren sind stets ein Kompromiss zwischen Durchschlag- und mechanischer Festigkeit. Durchschlagsichere Vollkern-, Stab- und Langstab-Isolatoren sind auf höchste mechanische Festigkeit einstellbar, während höhere Durchschlag­festigkeit nur zu Lasten der mechanischen Festigkeit erreicht werden kann.
Für die sieben Bauarten hauptsächlich deutscher Hochspannungs-Isolatoren ergeben sich unterschiedliche Einsatzzeiträume (Bild 06). Die Konstruk­tionen spiegeln auch den Fortschritt von Werkstoffen und Technologie wider.

Stützen- und Vollkern-Isolatoren werden im europäischen Raum praktisch nicht mehr hergestellt und eingebaut. Freileitungs-Stützer sind wegen Weitspann­-Bauweise mit Ketten-Isolatoren rückläufig. Moderne Keramik-Langstab­-Isolatoren oder im Verbund Glasfaserkern-Silikonschirme und Kappen-­Isolatoren aus Keramik oder Glas gelten als ausgereifte Konstruktionen und erfüllen auch hohe Forderungen der Freileitungsbauer und -betreiber. Außer geringer Verbesserung und Ergänzung der angebotenen Freileitungs-­Isolatoren ist keine grundlegende Neukonstruktion mehr zu erwarten.
Bild 06: Einsatzzeitraum von Freileitungs-Isolatoren
 

3. Kurzbeschreibung der Bauarten


3.1 Stützen-Isolatoren (Hochspannung)

Die glocken- oder hutförmigen Stützen-Isolatoren aus Keramik, Glas, selten Kunststoffen, stehen auf einer Metall-Stütze auf der Masttraverse (Bild 04) oder auf gebogenen Stützen an Wänden oder Holzmasten. Die Stütze wird mit Kitt oder Hanf in der Innenbohrung befestigt. Die Isolierkörper sind einteilig, für Spannungen über 15 kV (ab 1905) bis zu vier hutartig übereinander angeordneten Teilen mit je einem oder mehreren Schirmen zusammengefügt, bei dreiteiligen Typen Hülse, Mittelteil und Oberteil.
Ab 1905 wurden zweiteilige und größere Isolierkörper vorübergehend zusammenglasiert, danach auch mit getränktem Hanf verbunden. Letztere Verbindung hat sich langjährig bewährt, bei Zement traten Risse und Sprengungen wegen unterschiedlicher Wärmedehnungen auf, denen mit Magerungsvarianten des Kittes und elastischen Schichten international bis in die 1920er Jahre nur teilweise begegnet werden konnte. Die Glasurfarbefarbe konzentrierte sich nach weiß, grün und blau im Laufe der 1910er Jahre auf das "Isolatorbraun".
Stützen-Isolatoren werden durch das Leiterseil auf Biegung, Druck und Scherung beansprucht. Sie sind durchschlagbar und gehören zur Klasse B.

3.2 Schlingen-Isolatoren

Schlingen-Isolatoren für Hochspannung haben eine scheiben- oder glockenförmige Form (Bild 05). Im Isolierkörper umschlingen sich zwei gegeneinander isolierte, kreuzweise (90°) angeordnete, runde oder rechteckige Durchführungskanäle für die Metallseil- oder Metallband-Schlingen. Sie sind einzeln oder in mehreren Gliedern entsprechend Konstruktion als Trag- oder Abspann-Isolator einsetzbar.
Die Isolierstrecke zwischen den Schlingen/Bändern wird mechanisch nur auf Druck beansprucht. In elektrischer Hinsicht zählen Schlingen-Isolatoren zu den durchschlagbaren Isolatoren (Klasse B).
Die ersten patentierten Isolatoren dieser Bauart konstruierten 1907 Edward M. Hewlett und Harold W. Buck (Fa. General Electric & Co., USA) und wurden deshalb als „Hewlett-Isolatoren" bezeichnet. Sie ähneln dem "Isolierei-Prinzip". In Deutschland kamen zwei "normalisierte" Ausführungen" zum Einsatz. Der Isolierkörper der Schlingen-Isolatoren besteh aus keramischen Werkstoffen, weniger aus Glas. Die komplizierten Keramik-Körper wurden durch Aufdrehen und Formen, auch aus zwei garnierten Teilen oder Gießen hergestellt. Die Technologie zum Einbringen der Kanäle war "Betriebsgeheimnis" der Firmen (viel Handarbeit). Diese Isolatoren wurden vorwiegend für Betriebsspannungen über 10 kV verwendet und durch Seilschlingen aus Stahl- oder Kupferseil (35- oder 50 mm2) mit speziellen Verbindungs-Schlössern zu Ketten verbunden.

3.3 Kappen-Isolatoren

Kappen-Isolatoren bestehen aus einem hutförmigen Isolierkörper aus Keramik oder Glas mit Schirm(en), einer Metallkappe auf dem Kopf und einem im Kopf befestigten Metallbolzen mit Klöppel (Bild 05). Mechanisch werden die Isolatoren auf Zug beansprucht, der Isolierkörperkopf formabhängig komplex auf Druck, Scherung und Dehnung mit höchster mechanischer und gleichzeitig elektrischer Belastung im Seitenbereich. Kappen-Isolatoren sind einzeln oder in Ketten in Trag- oder Abspannlage einsetzbar. Wegen der umhüllenden Elektroden-Anordnung mit kurzer Durchlag- zu längerer Überschlagstrecke sind Kappen-Isolatoren durchschlagbar (Klasse B).
Die ersten Kappen-Isolatoren erschienen fast parallel zu Schlingen-Isolatoren in USA (Fa. Locke, -1904/1906), in Deutschland entwickelt von Porzellanfabrik Hermsdorf 1908. Mit Zunahme der Fremdschichtbelastung der Isolatoren (Industrie, Dünger, Salz bei Küstenleitungen) in den 1920/30er Jahren erweiterten Nebel-Kappen-Isolatoren in mehreren Ausführungen die Normalform-Typenreihe.

3.4 Freileitungs-Stützer

Freileitungs-Stützer (Bild 04) mit vorwiegend den Isolierkörper umfassenden Fußarmaturen gehören zur Gruppe Stütz-Isolatoren. Der zylindrische Vollkern- bzw. Verbund-Körper, teilweise auch hohl, mit Schirmen, Form und Anzahl variiert nach Normung, Einsatzbedingen und Herstellern. Sie werden vorwiegend auf Biegung beansprucht und die Vollkerntypen sind durchschlagsicher (Klasse A).
Sie entstanden Anfang der 1920er Jahre. AEG schlug 1924 an Stelle von Stützen-Isolatoren erstmals einen Freileitungs-Stützer vor. Freiluft-Stützer werden aus Porzellan, Steatit, Epoxidharz mit Füllstoff oder als Mehrstoff-system (Harzkern mit Glasfaser, Mantel mit Schirmen) hergestellt. Einen Hohlstützer konstruierte Fa. Lapp Insulators/USA.

3.5 Vollkern-Isolatoren

Nach 1910 nahmen Durchschläge von Schlingen- und Kappen-Isolatoren und Isolatorbrüche infolge konstruktiver Mängel u.a. durch Dehnungs-differenz von Metallbolzen, Kitt und Porzellan zu. Die Suche nach Vermeidung dieser Nachteile führte zu einer neuen Konstruktion mit einem auf Zug beanspruchten massiven Kern (Strunk) mit je einer umfassenden Metallkappe auf beiden erstmals konischen Enden und zunächst einen Schirm mit Rippen, ähnlich zum Kappen-Isolator, als "Doppelkappen-Isolator" und erster "Vollkern-Isolator". Um 1920 veränderte sich mit besserer Werkstofftechnologie die Form zu dem eigentlichen Vollkern-Isolator (Bild 05). Vollkern-Isolatoren sind nicht durchschlagbar (Klasse A). Als Kittwerkstoff kam nach Zement eine Blei-Antimon (-5 %)­Legierung zum Einsatz. Wegen Bleieinsparung in den 1930er Jahren erreichten mit gemagertem Portlandzement gekittete Isolatoren annähernd gleiche Festigkeitswerte.
In Deutschland wurden Vollkern-Isolatoren nach 1924 mit den VDE-Bezeich­nungen MK1 - MK7 eingeführt und 1930 in DIN VDE 8008 genormt. 1937 kam DIN VDE 8009:1937 mit Reihe VK 1- VKS, 1940 dafür VK 60 - VK 95. Ab Ende der 1930er Jahre verdrängte der Langstab-Isolator zunehmend den Vollkern-Isolator im Hochspannungs-Freileitungsbau. Sein Einsatz beschränkte sich vorzugsweise auf Hängebauweisen für Mittelspannung mit Auslauf gegen 1990.

3.6 Langstab-Isolatoren

Der lang gestreckte keramische, massive, zylindrische Isolierkörper der Langstab-Isolatoren besitzt gleichmäßig angeordnete, meist gleichförmige Schirme (Bild 05) und an beiden Enden aufgekittet konische Metallkappen für den Einbau einzeln oder in mehreren Gliedern in Trag- oder Abspannlage. Strunkdurchmesser, Schirmform, Schirmanzahl und Anordnung variieren für die unterschiedlichen Einsatzbedingungen.
Mechanisch werden Langstab-Isolatoren fast nur auf Zug beansprucht. Sie sind nicht durchschlagbar (Klasse A) und werden vorwiegend in Hoch- und Höchstspannungsnetzen eingesetzt. Von Anfang an waren für Langstab­Isolatoren Lichtbogen-Schutzarmaturen vorgeschrieben, um Schirmbeschädi­gungen und Vollbrüche durch Lichtbogeneinwirkungen zu vermeiden. Der Langstab-Isolator bildete sich als neue vorteilhafte Isolatorform heraus nach dem Vollkern-Isolator und den Stab-Isolatoren für Fahrleitungsanlagen. Voraus­setzungen waren die Einführung verbesserter Werkstoffe und neuer Fertigungs­-Technologien, um auf Zug belastbare Isolierkörper und in größerer Länge herzustellen. Erste "Langstäbe" produzierte Porzellanfabrik Hermsdorf um 1930, Serienfertigung ab 1937.

3.7 Verbundstab-Isolatoren

Die ersten Verbundstab-Isolatoren wurden in USA um 1915 von Fa. Heminggray/USA konstruiert. Ein getränkter Holzkern erhielt an beiden Enden aufgeschraubte Anschlussarmaturen, als Schutz wurden Porzellanrohrteile über den Holzkern geschoben und mit einer Compoundmasse vergossen.
Als erster in Deutschland erschien 1917 ein Verbundstab-Isolator der AEG. Die Standzeiten waren ungenügend. Temperaturschäden infolge Glimmentladungen und Längs­durchschläge traten auf, auch bei anderen Herstellern, gefolgt von Auslauf dieser Technik. Alternativen entstanden in der zweiten Hälfte des 20. Jh. mit Epoxydharz-getränktem Glasfaserkern und Silikonumhüllung (Bild 05) mit Schirmen in Deutschland und international ( USA, Frankreich, Japan, Kanada, Italien). Neue Kunststoffe für Kern und Umhüllung, Fortschritt in der Glasfaser-Herstellung sowie umfangreiche Versuche auch für Befestigung der Anschlussarmaturen führten zu modernen Konstruktionen mit sicherem Betrieb und Langlebigkeit bisher über 30 Jahre.

4. Literatur:


[01] Böhme, W.: Freileitungs-Isolatoren 1845-1970, erste Auflage 2025, Verlag Unicate Jena, ISBN 978-3-98843-002-1
[02] Weicker, W.: Zur Geschichte des Freileitungs-Isolators, geschichtliche Einzeldarstellungen aus der Elektrotechnik,
         1932, Bd. 3, S.2, 58/59, Verlag Julius Springer Berlin

Bild 07: Das Buch Freileitungs-Isolatoren 1845-1970

Bild 07: Das Buch Freileitungs-Isolatoren 1845-1970 (Sammlung) von Wolfgang Böhme.

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